HR/IT TALK Episode #30

Prozesse & Formulare: HR-Prozesse digital nah am SAP Standard


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Für Personalabteilungen ist die Digitalisierung ihrer Prozesse nicht nur eine Effizienzfrage: Die Gewährleistung von Arbeitsabläufen ist in Zeiten von Corona und Homeoffice eine große Herausforderung. SAP Anwenderunternehmen, die HR Prozesse digitalisieren wollen, besitzen mit dem on-premise basierten SAP HCM ein umfassendes Repertoire an Möglichkeiten, die dem einen oder anderen vielleicht noch nicht bekannt ist. Die Rede ist von dem HCM-Modul „Prozesse und Formulare“ - eine Lösung, die in Verbindung mit SAP Fiori mobiles Arbeiten aber auch eine hohe Automatisierung von Prozessen ermöglicht.

In dieser ganz besonderen Episode von HR/IT Talk interviewt Sabrina Flach, Marketing Specialist bei projekt0708, den projekt0708 Geschäftsführer Michael Scheffler rund um das Thema SAP HCM Prozesse & Formulare.

 

Ergänzende Informationen zu dieser Episode:

 

 

Das Interview zum Nachlesen 

Prozesse und Formulare - was verstehen wir darunter?
Sabrina Flach:

Dann beginnen wir direkt beim Thema: "Prozesse und Formulare". Das ist vielleicht noch nicht all unseren Zuhörerinnen und Zuhörern geläufig, auch wenn sie vielleicht schon etliche Jahre im SAP HCM Umfeld unterwegs sind. Magst du vielleicht zu Beginn erstmal unsere Zuhörerinnen und Zuhörer dazu abholen. Was ist denn Prozesse und Formulare?


Michael Scheffler:

Das mache ich sehr gerne, Sabrina. Prozesse und Formulare ist im Kern ein Toolset, ein Werkzeugkasten und auch integraler Bestandteil von SAP HCM Systemen und das ist nicht immer bekannt, hat auch eine lange historische Entwicklung, die ich Ihnen aber jetzt im Detail ersparen möchte.

Wichtig zu wissen ist, P&F ist ein Modul im Standard und gibt es auch schon lange Jahre, hat dementsprechend einen relativ hohen Reifegrad erreicht, wurde jetzt auch erst 2019, in gar nicht so langer Vergangenheit, mit SAP-Oberflächen im Bereich Fiori ausgestattet, also mit einer modernen Designsprache versehen. Es gibt etwa 140 beispielhafte Prozesse in diesem Standardumfang, in diesem Baukasten, die aber anders wie bspw. im Bereich der Self-Services nicht dazu dienen, aktiviert zu werden, sondern sind eher als Kopiervorlagen zu verstehen, die man dann unternehmensspezifisch implementieren kann. Und genau das ist auch im Kern der Fokus von dem Framework oder Toolset P&F. Es dient dazu, standardnah Prozesse zu digitalisieren, immer dann, und das ist wichtig, wenn eben der SAP-Standard an seine Grenzen kommt. Das wäre auch immer gleich meine Empfehlung, denn wenn Sie Funktionalitäten im Standard haben, sind die wesentlich mächtiger und auch am Ende des Tages für Sie kosteneffizienter einzuführen, aber wenn das eben nicht der Fall ist, dann können Sie auf P&F zurückgreifen.

P&F kann aber auch noch viel mehr, mobile Szenarien ermöglichen bspw., das ist aufgrund von der Oberflächentechnologie Fiori jetzt eben seit einiger Zeit möglich. P&F basiert auf den ganzen klassischen bewährten SAP-Technologien, z. B. auf ABAP, was klar ist, aber auch Business Workflow. Web-ABAP war bis vor Fiori eine Oberflächentechnologie, die man alternativ wählen konnte neben den ganz ursprünglichen Adobe Interactive Forms. Das ist auch bei vielen SAP-Anwender-Unternehmen noch nach wie vor der Stand der Dinge und das ist eben zwischenzeitlich definitiv nicht mehr der Fall. Man kann auch Oberflächen bereitstellen, Antragsformulare bereitstellen, die eben nicht auf Adobe Interactive Forms basieren. Das Beste kommt zum Schluss: Dadurch, hatte ich schon erwähnt, dass P&F integraler Bestandteil von unserem SAP HCM System ist, haben Sie, liebe HörerInnen, die Lizenzkosten in der Regel auch schon ausgegeben, sprich Sie müssen keine Lizenzkosten für diesen Engine, für diesen Baukasten, ausgeben, sondern haben den in der Regel schon vollwertig lizensiert. Es gibt ein paar Ausnahmen, aber in der Regel ist das dann eben schon käuflich erworben worden.

 

Einsatzmöglichkeiten von SAP HCM Prozesse & Formulare
Sabrina Flach:

Danke dir für den kurzen Überblick und das ist natürlich immer sehr attraktiv, wenn dann keine zusätzlichen Kosten entstehen. Wir haben noch die Frage, wie kann ich als Unternehmen herausfinden, ob Prozesse und Formulare die richtige Technologie ist, um meine Digitalisierungsvorhaben im HR voranzutragen? Du hattest es gerade schon angesprochen, alles, was über den Standard hinausgeht bzw. nicht mit dem Standard abzudecken ist, da kommt ja dann oft die Fragestellung der Eigenentwicklung auf. Wie kann man das vielleicht ins Verhältnis setzen oder kannst du uns da nochmal ein paar Einblicke geben, was kann man mit P&F tatsächlich umsetzen?

Michael Scheffler:

Ja das ist in der Tat eine sehr spannende Frage, Sabrina, denn es ist auch eine sehr individuelle Angelegenheit. Die Ausgangssituation des Unternehmens ist da ausschlaggebend und natürlich auch die Marschrichtung, in welche Richtung das Unternehmen gehen möchte, Stichwort SAP SuccessFactors, die Cloud, will heißen, man muss einfach gucken, welche HR-IT-Strategie und welche Roadmap verfolgt das Unternehmen und wo möchte es hin. Wie sieht das Zielbild aus?

Viele wissen es ja, es wird eine Nachfolgelösung für das allseits beliebte SAP Human Capital Management, das klassisches on-premise Thema geben, namentlich H4S4, also ab 2022 SAP HCM 4S4Hana als Nachfolgeprodukt für das bisherige System angekündigt und wird auch schon mit Spannung in der Community erwartet. Dort ist eben P&F auch integraler Bestandteil nach meinem Kenntnisstand, also wird die Lösung zukünftig, wenn man sich als Anwender-Unternehmen für on-premise entschieden hat und das auch nach wie vor verfolgen will oder zumindest hybride Systeme anstrebt, dann kann man auch langfristig auf diese Toolsets setzen. Du hattest noch nach ein paar Gründen gefragt. Die Frage ist halt auch, hat das Unternehmen bspw. in der Vergangenheit viel investiert? Sind z. B. die SAP Self-Services flächendeckend ausgerollt und jetzt muss man wissen, P&F fügt sich nahtlos in die klassischen on-premise-basierten ESS/MSS oder Management-Self-Services ein. Das bedeutet, wenn ESS/MSS gegeben ist und vielleicht auch bei einem großen Unternehmen weltweit ausgerollt ist, dann liegt P&F wirklich auf der Hand, denn dann hat der Endanwender, Stichwort UX, gar keinen Medienbruch und stellt im Zweifel gar nicht fest „ist das jetzt SAP-Standard oder eine standardnahe Umsetzung auf Basis von P&F?“, was er da gerade an Daten eingibt und Formularen ausfüllt. Ebenfalls noch ein ganz wichtiger Faktor ist, welches Knowhow ist beim Unternehmen intern gegeben. Wenn das Unternehmen intern über Entwicklerressourcen verfügt, ABAP-Programmierer, die vielleicht auch schon sehr geübt und versiert sind im Umgang mit Business Workflows bspw. oder den sonstigen Technologien, die es so gibt im SAP-Kosmos, dann tut man sich leicht P&F Knowhow draufzusatteln und dann auch P&F basierte Prozesse zu implementieren. Das sind vielleicht zwei, drei Ideen, wie man sich dem Sachverhalt als Unternehmen nähern kann.

 

Profitieren hybride Systemlandschaften und Cloudstrategien noch von SAP HCM Prozesse und Formulare?
Sabrina Flach:

Du hast es auch gerade angeschnitten bzgl. H4S4 und on-premise-basierte Welt im Umstieg zu H4S4 und es ist ja tatsächlich so, dass die SAP als Go Forward Strategie Cloud angibt und ich denke das ist jetzt auch ein Punkt, den viele unserer ZuhörerInnen interessiert. Lohnt es sich, du hast es kurz angeschnitten, vielleicht magst du nochmal kurz ein bisschen detaillierter drauf eingehen, wenn man aktuell noch hybride Systemlandschaften nutzt, noch in P&F zu investieren oder wenn ich jetzt Kunde bin, der sich auch ebenfalls der Cloudstrategie anschließt, trotzdem noch von P&F profitieren?

Michael Scheffler:

Genau, also auch hier gilt so ein bisschen die Beraterantwort „es kommt darauf an“. Die erwähnten Bereitstellungsoptionen, das wäre auch im Vorfeld zu klären, mit dem Kunden zu diskutieren, welches Zielbild existiert? Wenn ich als SAP-Anwender-Unternehmen z. B. einen Full-Cloud-Ansatz anstrebe, also 100 Prozent meiner personalwirtschaftlichen Funktionalitäten in die Cloud verlagern möchte und da auch schon vielleicht eine Roadmap entwickelt, einen Bebauungsplan festgelegt habe, dann macht P&F wahrscheinlich keinen Sinn mehr.

Wobei wir auch Kunden haben, kleine Randbemerkung, die trotz eines solchen Vorhabens P&F als Brückentechnologie implementiert haben, weil natürlich der Weg hin zu so einer Zielsetzung, zu so einem Zielbild, ein sehr langer sein kann und auch mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann u. U. und dann macht es vielleicht doch wieder Sinn, auf P&F zu setzen, um jetzt in der Zwischenzeit eine Antwort zu haben und das Unternehmen Prozesse im personalwirtschaftlichen Kontext digitalisieren zu können. Das ist immer eine sehr, sehr individuelle Geschichte. Es gibt auch noch Kunden, die langfristig auf einen hybriden Ansatz setzen werden, Stichwort Talent Hybrid oder Core Hybrid, auch da kann der Einsatz von P&F sinnig sein. Du hast es ja auch nochmal angesprochen, H4S4 als Nachfolgelösung von dem beliebten SAP HCM System, wenn ein Kunde in die Richtung gehen sollte oder tendiert und da vielleicht noch weitere Analysen fahren will – by the way: auch da unterstützen wir gerne als Beratungspartner – auch dann kann es durchaus noch Sinn machen, P&F Prozesse einzuführen, insbesondere wenn man die erwähnten SAP-Self-Services schon in Verwendung hat.

 

Use Case aus der Praxis
Sabrina Flach:

Um das Ganze jetzt noch mal für mich und unsere HörerInnen etwas greifbarer zu machen, wie läuft denn so ein P&F Projekt in der Praxis ab? Wie muss ich mir das vorstellen? Vielleicht hast du auch ein paar konkrete Kundenbeispiele bzw. Use Cases dabei, von denen du uns ein bisschen erzählen und Einblicke geben kannst.

Michael Scheffler:

Das mache ich gerne, Sabrina. Zu dem ersten Teil deiner Frage: Auch hier wieder die Fragestellung, wie der Kunde vorgehen möchte. Wir haben Kunden, die bspw. in agilen scrumartigen Vorgehensmodellen und Projektvorgehensweisen solche Vorhaben gerne angehen, d. h. man will sich dem Thema nähern, weiß aber noch nicht ganz genau, wo die Reise hinführen soll, d. h. das Ergebnis ist sozusagen noch offen. Man will sich erstmal angucken, was kann vielleicht so ein Prototyp von P&F leisten. Wie fühlt sich das an, wenn man so eine Lösung implementiert? Wo sind die Grenzen von P&F? Wie aufwendig ist das Ganze?

Wenn man so vorgehen will als SAP-Anwender-Unternehmen, dann ist das natürlich eine gute Vorgehensweise. Dann fängt man vielleicht mit einem Prototypen an, ein ausgewählter Prozess, den man dann implementiert und in der Praxis erprobt. Durchaus legitim diese Vorgehensweise. Auf der anderen Seite kann man natürlich auch ganz klassisch in einem wasserfallmodellartigen Projekt vorgehen, sich nochmal der Materie ein bisschen akademischer nähern und sich angucken, welche Prozesse man dann generell, overall, zu digitalisieren hat und meiner Erfahrung nach sind das immer sehr viele Prozesse, die da so auf der Agenda stehen bei den Anwender-Unternehmen und wenn man nochmal genauer hinguckt, sind vielleicht einige davon im SAP-Standard zu verorten, das hatte ich ja vorhin schon erwähnt, immer dann, wenn der SAP-Standard Funktionalitäten bereithält, bietet es sich an das auch anzustreben oder diese Funktionalität heranzuziehen. Aber wenn man diese Evaluation abgeschlossen hat, kommen meistens sehr, sehr viele Prozesse raus im personalwirtschaftlichen Umfeld, wo dann doch der Standard seine Grenzen hat. Dann gehe ich immer in unseren Projekten her und gucke, welche dieser Prozesse, die es jetzt zu digitalisieren sind, sind denn wie komplex?

Also komplex im Hinblick auf die Systemkomplexität, aber auch die Prozesskomplexität, sind da vielleicht jetzt zwei oder drei Genehmigungsstufen zu implementieren, abzubilden oder sind es zehn oder 12, welche Systeme sind am Ende des Tages zu involvieren, sind das ausschließlich SAP-Systeme oder sind da vielleicht auch non-SAP-Systeme einzubetten? Auch das haben wir schon in der Vergangenheit gemacht und ist technisch alles denkbar. Aber umso komplexer, umso aufwendiger, umso kostenintensiver. So kann man das ganz pauschal mal sagen. Deswegen guckt man einfach mal, vielleicht auch im Rahmen eines Scoping-Workshops, um sich dem Thema erstmal in kleineren Schritten zu nähern und nicht in so einem großen Fachkonzept, was ja sicherlich mal ein paar Wochen oder Monate dauern kann, schaut man vielleicht auch „wie häufig werden die Prozesse überhaupt benötigt?“.

Ist das ein Prozess, der einmal im Jahr ausgeführt wird und dann vielleicht auch längere Zeit braucht, um sich zu amortisieren oder sind das hochfrequentierte Anwendungsfälle, wo jeden Tag vielleicht Hunderte von Endanwendern sich mit irgendwelchen manuellen Prozessen herumschlagen und dann lässt sich in der Tat sehr leicht ein Business Case rechnen und vielleicht auch P&F für diesen Anwendungsfall implementieren.

Der zweite Teil deiner Frage war ja, ob ich ein paar Kundenbeispiele habe. Da habe ich eine ganze Reihe von Praxisbeispielen, ich möchte mal drei kurz erwähnen. Und zwar haben wir bei unserem Referenzkunden, der Linde Gruppe, einen sehr spannenden Anwendungsfall gehabt, den wir mit Prozesse und Formulare abbilden durften und zwar das Thema External Management. Da geht es darum externe Mitarbeiter, so wie wir, Leasingkräfte, externe Berater, bekannt zu machen im Hinblick auf Systemzugänge, Accounts, aber auch Berechtigungen und das Ganze wurde bei Linde von uns auf Basis von P&F digitalisiert und ist jetzt weltweit bei Linde in Verwendung, global in über 30 Sprachen im Einsatz und zwischenzeitlich werden, das sind noch etwas ältere Zahlen, es müssten inzwischen sogar mehr sein, ca. 1500 Prozesse im Monat auf dieser Basis abgebildet, d. h. das sogenannte Registrieren von Externen, das Anmelden, aber auch das Abmelden von Externen, wenn die das Unternehmen wieder verlassen haben, läuft bei Linde komplett über P&F.

Ein zweiter Kunde, DM (Drogeriemarkt), das ging ja damals auch durch die Medien, die haben eine sehr intensive Digitalisierungsstrategie verfolgt und haben damals 20.000 Smartphones angeschafft, um eben die Filialmitarbeiter mit diesen Endgeräten auszustatten und Vorgabe war, dass alle Prozesse auf diesen mobilen Endgeräten lauffähig sein müssen und dazu gehören natürlich auch die personalwirtschaftlichen Prozesse, also z. B. das Beantragen von neuen Arbeitszeitmodellen oder die sog. Mitarbeitereinsatzplanung, das ist noch einmal ein etwas anderer Case gewesen, aber auch am Ende des Tages musste dieser mobillauffähig sein und all diese Prozesse haben wir damals auf Basis von P&F implementiert und sind heute auf den Smartphones dieser Filialmitarbeiter lauffähig.

Last but not least, ein dritter Kunde, aus dem VW-Konzern, die Firma MAN, kennt man, Nutzfahrzeugsparte und die wiederum haben vor ein paar Jährchen das sog. Planstellencontrolling oder Planstellenmanagement auf Basis von P&F digitalisiert. Da ging es damals darum, die Prozesse rund um das SAP-Org-Management zu automatisieren und so effizient wie möglich abzubilden. Will heißen, das Beantragen von Planstellen oder das Verschieben wird heute über P&F und am Ende des Tages über Workflows weitgehend ohne Sachbearbeitung durch die Organisation getragen.

 

Klassische Antragsprozesse bei SAP HCM Prozesse & Formulare
Sabrina Flach:

Danke dir, Michael, für die spannenden Einblicke, vor allem für die Use Cases. Den ein oder anderen habe ich auch schon live gesehen, auf jeden Fall super beeindruckend. Aber vielleicht kannst du nochmal kurz sagen, was gibt es sonst noch für klassische bzw. typische Antragsprozesse bei P&F?

Michael Scheffler:

Es gibt so ein paar Klassiker, die uns immer wieder über den Weg laufen, das ist z. B. der Mehrarbeitsantrag, vor allem in großen Organisationen, wenn auch vielleicht ein Betriebsrat gegeben ist, dann ist das ein Evergreen, also das Beantragen von Mehrarbeitszeiten, dafür gibt es in der Tat inzwischen, oder soll es geben, einen Standard ESS/MSS Service, der ist aber glaube ich jetzt im Dezember 2021 noch nicht verfügbar, müsste ich mal wieder in die SAP App Library reingucken, aber bis dato war das eben nicht der Fall. Der Mehrarbeitsantrag ist so ein Klassiker.

Sonst gibt es eine ganze Reihe von Prozessen, z. B. die Versetzung eines Mitarbeiters, der Austritt eines Mitarbeiters, was ja oftmals über ganz viele Stakeholder und Prozessbeteiligte über die Organisation hinweg geschleust werden muss, aber auch bei ganz essenziellen Lebensereignissen der Mitarbeiter, bei der Heirat, bei der Scheidung, bei der Geburt eines Kindes, da muss vielleicht auch eine Geburtsurkunde des Kindes hochgeladen werden und an Personal übermittelt werden, weil vielleicht auch damit Sonderurlaubstage einhergehen, die Beantragung von Erziehungsurlaub, die Änderung der Arbeitszeit, vielleicht sogar eine außerordentliche Gehaltsanpassung. Das sind so Themen, wo dann auch nochmal zu gucken ist, hier gäbe es z. B. ein SAP Enterprise Compensation Management, also eine Standardfunktionalität, da muss man dann schon genau gucken, hatte ich ja vorhin erläutert, wo setzt man dann auf P&F oder auf die Standardfunktionalität, aber das waren mal so zwei, drei Beispiele, die uns immer wieder über den Weg laufen. Am Ende des Tages entscheidet die Kreativität des Kunden, was man jetzt auf Basis von P&F denn digitalisieren möchte an Antrags- und Genehmigungsprozessen.

 

Zusammenspiel von SAP Fiori und P&F
Sabrina Flach:

Jetzt möchte ich nochmal auf ein anderes Thema umschwenken und zwar SAP Fiori. Das Thema, wenn es um die User Experience geht und gerade um moderne Benutzeroberflächen, dann ist ja SAP Fiori die moderne Oberflächentechnologie der SAP, die immer genutzt wird. Wie ist es denn beim SAP Framework P&F? Wie fiorisiert ist das denn?

Michael Scheffler: 

Ja eine gute Frage. Ich habe das Thema vorhin schon angerissen. Ursprünglich Adobe Interactive Forms, das war die einzige Möglichkeit P&F beim Kunden zu implementieren für lange Jahre. Dann kam eben in einer weiteren Ausbaustufe seitens der SAP Web ABAP hinzu, war auch lange Zeit vorzufinden bei den Kunden, ist auch hier und da noch das Mittel der Wahl, aber natürlich seit 2019 SAP Fiori. Da wurden von der SAP zwei Apps bereitgestellt, die auch in der Regel reichen, um Antragsprozesse von P&F zu digitalisieren, aber natürlich, wie sollte es anders sein, es gibt immer wieder mal Anforderungen, die dann über den Standard hinausgehen. Da muss man natürlich genau gucken, Stichwort Kosten-Nutzen-Verhältnis, reicht das aus, dass ich die SAP-Standard Fiori-Apps maximal ausreize und die zum Einsatz bringe oder aber, und das ist oftmals in der Tat in der Praxis auch notwendig, muss ich einen kundenindividuellen Weg gehen.

Das ist auch ein Bereich, wo wir eine sog. Beraterlösung entwickelt haben im Laufe der Jahre, das bedeutet wir haben immer wieder den Case, dass die Kunden sehr komplexe Benutzeroberflächen haben, weil es eben komplexe Beantragungsprozesse sind, die mit P&F abgebildet werden und da reicht in der Tat der Standard oftmals nicht. Was man dann machen kann, man schaut sich das genau an, die haben ja auch entspreche UX Designer und Experten immer wieder mal in den Projekten zum Einsatz gebracht, die in der Lage sind, unabhängig von SAP Fiori, also der Designsprache, userzentriert die Anforderungen zu erheben und zu interpretieren und dann auch in Technologie münden zu lassen, sodass man dann auch wirklich eine maximale UX für die Kunden und für die SAP Endanwender, die ja auch oftmals Gelegenheitsanwender sind und nichts mit SAP-Software zu tun haben, sodass man die halt dann auf diesem Wege bereitgestellt bekommt.

 

Das P&F Berater Framework
Sabrina Flach: 

Jetzt hattest du gerade nochmal ein neues Thema angeschnitten und zwar das P&F Berater Framework. Was haben wir denn da entwickelt? Möchtest du uns da einen kleinen Einblick zu geben?

Michael Scheffler: 

Ja gerne, ist auch nicht selbsterklärend, hätte ich vielleicht gleich ein bisschen näher ausführen sollen, wir nennen es auch den P&F / Fiori Connector und das ist nichts anderes als eine Lösung, die wir im Laufe der Jahre bei den Kunden immer wieder implementieren durften.

Das bedeutet ein generischer Layer, wenn ich es mal ein bisschen technischer ausdrücken darf, der dazu dient, die Entwicklungsaufwände von Fiori-Oberflächen auf Basis von Sub UR5 soweit es irgendwie möglich ist, zu reduzieren. Die Aufwände und folglich auch die Kosten. P&F, muss man wissen, hat eine Funktionalität im Bauch, die erstmal komplett losgelöst ist von der Oberfläche, d. h. theoretisch könnte ich auch eine komplett andere Oberflächentechnologie, ein Microsoft Sharepoint bspw., darüberlegen und im Hintergrund, im Backend-System P&F ansprechen und diese Funktionalität haben wir uns zunutze gemacht und haben eben eine sehr generische Beraterlösung drüber gelegt, die es uns ermöglicht, Implementierungsaufwände zu reduzieren und trotzdem eine maximale kundenspezifische und somit userzentrierte Oberfläche bereitzustellen. Nochmal mit einfachen Worten: Ein schlanker Ansatz um Benutzeroberflächen kundenspezifisch bereitstellen zu können.

Sabrina Flach: 

Jetzt macht es absolut Sinn. Danke dafür. Haben wir auch eigens entwickelte Best Practice Apps, wo wir wissen, dass die Nachfrage extrem hoch ist kundenseitig, du hattest ja zu Beginn gesagt, dass es keine klassischen Standard-P&F-Apps gibt, sondern einfach diese 140 Templates, aus denen man sich sozusagen das eigens individuell konfigurieren kann?

Michael Scheffler: 

Ja, haben wir in der Tat. Es ist so, dass der Antragsprozess, also eine workflowbasierte, formularbasierte Dateneingabe, die dann über verschiedene Prozessteilnehmer hinweg und zwar auf Basis von P&F implementiert wird, das ist das Eine, aber oftmals gehen die Anforderungen der Kunden in solchen Digitalisierungsvorhaben auch darüber hinaus. Insofern haben wir auch schon, dieser Linde Case, den ich vorher angesprochen habe, ist auch so einer, über diese P&F Funktionalität hinweg weitere Funktionen bereitgestellt und die wiederum in Summe orchestriert bilden dann eine gesamte Lösung und vielleicht mal ein Beispiel, die sog. Prozessübersicht, das ist eine Sub-UR5 basierte App, die wir dann beim Kunden zum Einsatz bringen, wenn über den gesamten Prozessablauf hinweg eine maximale Transparenz für alle Endanwender gegeben sein soll. Das ist nichts anderes als eine Übersicht aller Prozesse filterbar nach bestimmten Sachverhalten wie z. B. dem Prozessstatus oder den Namen des Antragsstellers oder vielleicht auch den Prozesstyp und wenn man das entsprechend in einem Fiori-Launchpad einbettet, hat man die maximale Transparenz, d. h. jeder ist zu jedem Zeitpunkt in der Lage zu gucken, wo steckt denn gerade mein Prozess, wer ist gerade am Zug und bearbeitet diesen. Somit kann man Prozesslaufzeiten entsprechend reduzieren.

Ein anderes Beispiel wäre etwa unser Sachbearbeiter-Cockpit. Da verlassen wir jetzt zwar SAP Fiori, aber ist dennoch interessant für den ein oder anderen Kunden mal diesen Anwendungsfall zu hören. Da handelt es sich am Ende des Tages um eine Funktionalität im SAP HCM-Backend-System, die die Poweruser, die Experten, die vielleicht in der Entgeltabrechnung sitzen und die am Ende eines P&F Prozesses die Antragsdaten dann in Form von Infotypen verbuchen wollen und müssen, die werden damit in die Lage versetzt, das Ganze halbautomatisch durchzuführen, d. h. P&F ist eigentlich in der Lage die Antragsdaten, sobald diese genehmigt sind, im Hintergrund, dunkel zu verbuchen und in die Infotypen zu persistieren, aber oftmals will man das vielleicht gar nicht. Im Umfeld der Entgeltabrechnung will dann nochmal eine spezielle Person drüber gucken oder im Sinne des 4-Augen-Prinzips wird nochmal draufgeschaut, da kann dieses Sachbearbeiter-Cockpit zum Einsatz kommen, d. h. die Antragsdaten, die zuvor über P&F genehmigt wurden, werden dann zur Verbuchung vorgeschlagen und können ggfls. nachgebessert oder überprüft werden, bevor es letztlich in die Infotypen wandert. Das wären jetzt mal zwei Beispiele, aber im Laufe der Jahre haben wir da ganz, ganz viele verschiedene Funktionalitäten in Form von Best Practice Apps sammeln und implementieren dürfen und können da auf einen reichen Fundus zurückgreifen, falls es notwendig ist.

 

Aufwandsindikation für ein P&F Projekt
Sabrina Flach:

Kann man dann in Bezug auf die einzelnen Prozesse auf eine Aufwandsimplikation abgeben, so einen Prozess zu digitalisieren, was das beinhaltet, wie sieht so ein Setup dann aus bzw. mit welchen Aufwänden müssen unsere Kunden rechnen?

Michael Scheffler:

Genau, die Frage ist eine sehr schwierige, die ich eigentlich nur falsch beantworten kann.

Ich versuche mich immer über die Prozesskomplexität dem Sachverhalt zu nähern und das ist das, was wir vorhin schon kurz diskutiert hatten. Ich frage dann immer „wie komplex ist denn der Prozess? Welche technologische Komplexität geht damit einher?“ und da haben wir halt so Faustformeln.

Ein Prozess, der eine einfache Komplexität aufweist, den würde ich ungefähr bei 5-10 Personentagen Implementierungsaufwand sehen, ein mittlerer Prozess bei etwa 10-15 und ein Prozess, der wirklich sehr viele Prozessbeteiligte hat, vielleicht mehrere Systeme involviert, da würde ich dann 15-25 Tage sehen. Jetzt muss man aber hinzufügen, dass es damit nicht getan ist und das ist auch ein Knackpunkt und eine Lessons Learned, die wir haben bei solchen P&F Vorhaben, denn P&F rechnet sich immer erst oder meiner Meinung nach, wenn man eine kritische Menge an P&F Prozessen oder HR-Prozessen zu digitalisieren hat. Denn, was man immer ja noch als Option im Raum hat, ist die komplette kundenspezifische Implementierung. Das ist ja auch ein legitimes Mittel, rechnet sich halt vor allem dann, wenn ich wenige Prozesse zum Umsetzen habe, also vielleicht nur 1-2.

Ab drei Prozessen oder mehr wird P&F spannend. P&F bedeutet ja auch, das gesamte Framework zu initialisieren, ein Grundsetup betreiben zu müssen und dieser Invest, diese Rüstkosten rechnen sich nur, wenn ich eben mehrere Prozesse zu digitalisieren habe und wenn das mehr als fünf sind, dann ist das eine sehr gute Investition, die man an der Stelle tätigen kann. Das ist natürlich nur eine rein technische Betrachtung. On top kommen dann immer Aufwände für das gesamte Projekt, Projektmanagement, ganz wichtig das Change Management, was ja bei Softwareprojekten immer mit einhergehen sollte und wo wir natürlich auch gerne jederzeit unterstützen mit entsprechenden Experten. Hier kommt natürlich dann einiges noch an Aufwand on top und insofern immer sehr schwer, ist ein bisschen Glaskugel gucken, aber das einfach mal so als Faustformel für dich.

 

Sabrina Flach:

Ich glaube das gibt einem ein ganz gutes Gefühl, einfach mal so eine Indikation zu haben und zwar sind das immer ganz wichtige Punkte, die du da angesprochen hast, dass man einfach besser einschätzen kann, wann lohnt es sich und ab wann macht es tatsächlich Sinn und mit was muss man ungefähr rechnen. Ich denke das Ganze muss man einfach in einem Scoping Workshop abstecken und gemeinsam in Anforderungen bestimmen.

 

Michael Scheffler:

In der Tat, also einen Scoping Workshop kann ich auch nur jedem Kunden empfehlen und nahelegen, der sich dem Thema nähern möchte. In so einem Format kann man schon mal ein bisschen mehr Fleisch an den Knochen bringen und kann sich nochmal speziell Ihren Anforderungen und Rahmenbedingungen widmen und die auch durchdringen und dann da vielleicht auch nochmal andere Handlungsempfehlungen aussprechen. So ein Scoping Workshop, der bietet sich wirklich in der Tat an, wenn man sich dem Thema nähern möchte.

 

Lessons Learned
Sabrina Flach:

Ich glaube wir sind jetzt auch schon fast am Ende unserer Podcast-Session angelangt, vielleicht magst du kurz zum Abschluss einmal ein paar Erfahrungen, Lessons Learned, die du aus so P&F Projekten mitgenommen hast, mit unseren HörerInnen teilen.

Michael Scheffler:

Das mache ich gerne, Sabrina. Wo fange ich da an? Da gibt es eine ganze Reihe von Lessons Learned. Einen Punkt, den ich immer wieder bringe und der auch sehr wichtig ist, dass man sich im Vorfeld mit den genauen Prozessabläufen auseinandersetzt. Das klingt sehr einfach und logisch, aber manchmal ist das halt doch die Herausforderung, wenn es wirklich darum geht zu entscheiden, wer bei welcher Entgeltgruppe oder bei welcher Tarifstufe wirklich den Vorfall genehmigen darf oder welche Person, welches Gremium, welcher Prozessteilnehmer was dann auf den Tisch bekommen soll in Form eines Workitems.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ein Prozessablaufplan vielleicht auf Basis von BPM 2.0 oder ähnlichem, also einer Visualisierungssoftware, das ist essenziell und sollte wirklich, wenn es noch nicht vorliegt im Rahmen des Projektes, aufgenommen werden. Ich sage auch immer „den Elefanten in verdaubare Häppchen zerteilen“, das bedeutet eine Roadmap entwickeln. Vor allem, wenn das Unternehmen mehrere Prozesse zu digitalisieren hat, vielleicht sogar 5, 10, 15 oder noch mehr, dann muss man aufpassen, dass man sich nicht überhebt und dann gar nicht live geht und dann ist es sinnig meiner Ansicht nach das Ganze in verschiedene Ausbaustufen zu schneiden und dann vielleicht im ersten Schritt, je nachdem welche Strategie man verfolgt, aber vielleicht im ersten Schritt die Prozesse live zu setzen, die am häufigsten genutzt werden, also eine hohe Frequenz aufweisen und vielleicht auch von der Komplexität her leicht sind, d. h. da hat man dann sehr schnell Effekte, wenn man die auf die Straße bringt und so kann man sich dann peu à peu der Zielgeraden zuwenden.

Vielleicht nochmal ein Punkt, der eigentlich auch offensichtlich ist, aber der nicht zu vernachlässigen ist im Umfeld von Softwareprojekten oder Softwareentwicklungsprojekten wie P&F am Ende des Tages auch ist, das Thema Testing. Das möchte ich nochmal unterstreichen. Wenn man komplexe Prozessabläufe hat, wo dann mehrere Prozessteilnehmer genehmigen müssen oder verschiedene Aktionen ausführen können müssen, dann wird ein solches Testing sehr schnell sehr komplex und aufwändig. Dieses Testing, das möchte ich Ihnen nahelegen, liebe HörerInnen, das nicht zu unterschätzen, denn das kann wirklich sehr, sehr aufwändig werden und da bietet es sich auch immer an, eine Testpopulation heranzuziehen. Was verstehe ich darunter? Das ist nichts anderes als eine Testumgebung von dezidierten Testpersonalstammsätzen oder Testorgeinheiten oder Testplanstellen, die mit entsprechenden Usern und Berechtigungen im Entwicklungssystem aber auch auf dem Qualitätssicherungssystem bereitgestellt werden, die da das Projektteam in die Lage versetzen einen solchen Antragsprozess von A-Z durchzuspielen und natürlich auch die beteiligten Entwickler evtl. Problemfälle nachzuvollziehen und zu debuggen am Ende des Tages. Das Thema Testing müssen Sie bitte ernstnehmen bei solchen Projekten.

Sabrina Flach:

Ja, danke dir, Michi, auch nochmal für diese ganzen Lessons Learned, sowas finde ich immer super wichtig, weil man da aus den Erfahrungen der Vorprojekte super profitieren kann. Wir möchten Sie nochmal ganz zum Abschluss darauf hinweisen, dass wir das ganze Thema Prozesse und Formulare auch in Form eines Webinars schon mal live demonstriert haben an dem Prozess der Mitarbeiterversetzung. Da können Sie das auch innerhalb einer Livedemo sehen. Einfach bei uns auf der Website „Digitalisierung im HR mittels SAP-Toolbox“ heißt der Titel des Webinars mit Prozesse und Formulare. Das können Sie jederzeit anfragen und sich dann on demand ansehen. Das wäre es jetzt von meiner Seite. Vielen Dank, sage ich erstmal, Michi, an dich für den super Input. Ja, das nächste Mal bist du wahrscheinlich wieder in der anderen Rolle vertreten.

Michael Scheffler:

Genau, oder wir belassen es bei dieser Konstellation, jetzt habe ich mich dran gewöhnt.

Sabrina Flach:

Das letzte Wort will ich dir noch überlassen.

Michael Scheffler:

Auch von meiner Seite nochmals vielen Dank. Ich hoffe, ich konnte Ihnen das Thema ein wenig näherbringen. Ist nicht ganz so einfach in einem solchen Audiopodcastformat. Wenn Sie Fragen haben, kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu und dann können wir das natürlich jederzeit für Sie nochmal in einem Video oder Livedemo-Call für Sie ermöglichen.

 

 

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